Wie läuft so eine Hunde-Geburt eigentlich ab?
von Sonja Dannenberg
Einleitung:
Gerne möchte ich euch in einem Artikel veranschaulichen, wie so eine Hundegeburt überhaupt abläuft. Dabei soll aber weder auf etwaige Komplikationen eingegangen noch irgendwelche Tipps im Sinne eines Ratgebers erteilt werden. Wer sich ganz genau informieren möchte, dem lege ich entsprechende Fachliteratur ans Herz oder auch den Besuch eines Züchterseminars.
Zunächst möchte ich euch einen kleinen Überblick über die Eckdaten einer Trächtigkeit (fachsprachlich: Gravidität) geben und dann auf die verschiedenen Phasen der Geburt und ihre Anzeichen eingehen.
Die Trächtigkeit:
Eine Trächtigkeit beim Hund kann zwischen 58-72 Tage dauern, wobei die durchschnittliche Länge bei 63 Tagen liegt. Es ist immer etwas schwierig, das exakte Geburtsdatum auszurechnen, da der Tag der Belegung letztlich nicht der Tag sein muss, an dem die Eizellen auch befruchtet werden. Oft lassen die Hündinnen den Deckakt schon vor dem Eisprung zu und da das Sperma in der Hündin bis zu 7 Tage lebensfähig verbleibt, kann es es erst einen oder mehrere Tage später zur Befruchtung kommen.
Die meisten Geburten, so sagt man, fänden nachts statt, was wissenschaftlich aber nie bewiesen werden konnte. Man geht bei der Ursache für dieses von Züchtern beobachtete Phänomen davon aus, dass Hündinnen ihre Welpen immer in Ruhephasen zur Welt bringen. Da diese bei uns eben nachts sind, besteht hierin vermutlich der Zusammenhang.
Über den genauen Verlauf der Trächtigkeit, die Entwicklung der Welpen im Mutterleib und wie man am besten den geeignetsten Deckzeitpunkt bestimmt, soll hier aber nicht referiert werden, da es im weitesten Sinne letztlich nicht zur Geburt dazugehört.
Tragende Hündin in der siebten Woche.
Tragende Hündin wenige Tage vor der Geburt.
Die verschiedenen Phasen:
In der Literatur findet man immer wieder variierende Angaben hierzu: Während oft von vier Geburtsstadien gesprochen wird, geht die Tiermedizin lediglich von dreien aus. Diese wären die Eröffnungsphase (fachsprachlich: Öffnungsphase), die Austreibungsphase und die Nachgeburtsphase. Sehr oft kommt noch die sogenannte Vorbereitungsphase hinzu, die ich persönlich als weitere Einteilung durchaus als sehr sinnvoll erachte und auf welche ich daher hier auch zunächst näher eingehen möchte.
Die Vorbereitungsphase:
Diese kann vom Zeitraum her sehr lose betrachtet werden und zeichnet sich lediglich durch erste Anzeichen, dass es auf die Geburt zugeht bzw. dass die Hündin sogar schon kurz davor steht, aus. Folgende Anzeichen sind neben einer Reihe sehr unspezifischer Anzeichen (wie Graben, allgemeine nervöse Unruhe, Hecheln, Anhänglichkeit, vermehrtes Putzen etc.) ein festes Indiz dafür, dass es nicht mehr lange dauert:
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Das Absinken des Bauches
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Eine angeschwollene Gesäuge-Leiste sowie Milchbildung
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Ein Anschwellen der Vulva
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Das Absinken der Körpertemperatur
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Wiederholtes Kot- und Urin-Absetzen sowie Erbrechen inkl. Futterverweigerung
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Ein leichter Scheidenausfluss
Hierbei muss jedoch noch einmal zwischen den Anzeichen, die schon lange vor der eigentlichen Geburt eintreten können, und jenen, die wirklich kurz vor Beginn der Öffnungsphase zu beobachten sind, unterschieden werden.
Die unsicheren Anzeichen:
Das Absinken des Bauches etwa – vergleichbar mit den Senkwehen einer Frau – kann schon bis zu zwei Wochen vor dem eigentlichen Geburtstermin geschehen. Zuvor sieht die Hündin noch aus wie eine Tonne, nach den Senkwehen wirkt sie fast abgemagert, hat eingefallene Flanken, die Beckenknochen stehen hervor und der Bauch scheint knapp über dem Boden zu hängen. Dies wird übrigens durch das Hormon ‚Relaxin‘, durch welches die Geburtswege geöffnet werden sollen, in die Wege geleitet. Es führt dazu, dass Muskulatur und Bänder erschlaffen, sich ‚entspannen‘ (engl. to relax à Relaxin.) Dadurch entsteht letztlich auch der 'hängende' Eindruck.
Aber auch die geschwollene Gesäuge-Leiste und die Milchbildung können bereits Tage bis eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin sichtbar werden. Ebenfalls das Anschwellen der Vulva kann bis zu einem gewissen Maß vorher eintreten und ist kein genaues Indiz für die bald eintretende Geburt, da diese Veränderung zudem mit bloßem Auge nur sehr schwer zu erkennen ist.
Hinzu kommen, wie bereits erwähnt, eine Menge Verhaltensweisen wie Graben, allgemeine Unruhe usw., die sich kurz vor der Geburt in ihrer Intensität zwar noch einmal erhöhen mögen, die aber eben auch schon mehrere Tage vorher beobachtet werden können und nur schwer in ihrer Ausprägung ‚messbar‘ sind. Auch eine immer wiederkehrende ‚raschere Atmung‘ darf nicht mit einem Hecheln verwechselt werden, denn dieses würde schon auf erste verborgene Wehentätigkeiten hindeuten.
Die sicheren Anzeichen:
Zu den sicheren Anzeichen, dass die Geburt kurz bevorsteht, zählen das Absinken der Körpertemperatur, ein leichter Scheidenausfluss und das ‚Leermachen‘, also das Ausscheiden sämtlicher Kot- und Urinmengen sowie des Mageninhalts, meistens einhergehend mit einer Futterverweigerung.
Das Absinken der Temperatur um 1-2°C, mindestens auf 37,2°C bis sogar auf 36°C (was bei uns eher immer der Fall ist), ist eigentlich das Zeichen, auf das die Züchter sehnlichst warten. Jener Temperaturabfall hält allerdings nur wenige Stunden an, sodass es durchaus passieren kann, dass man ihn in der Nacht verpasst. Zustande kommt er durch das Absinken des Progesteron-Spiegels. Dieses Hormon, was für die Aufrechterhaltung der Trächtigkeit zuständig ist, verursacht eine grundsätzlich höhere Körpertemperatur. Kurz vor der Geburt übernimmt nun aber wieder das Östrogen, es kommt zu dem kurzen Abfall und mit den dann später einsetzenden ersten Wehen steigt sie wieder auf den Normalstand an.
Die ersten Wehen kann man übrigens noch nicht sehen, sondern nur erahnen: Das Hecheln, was nun auch meist einsetzt, gehört schon mit zur Wehentätigkeit, die äußerlich aber noch nicht erkennbar ist.
Erstes Hecheln leitet in die Übergangsphase über.
Von jetzt an läuft eigentlich alles Hand in Hand. Die meisten Hündinnen werden nun die Nahrung verweigern und sich vollkommen entleeren: Das heißt, sie müssen wahnwitzig oft nach draußen, noch einmal urinieren oder koten. Sie lassen da wirklich nicht locker, bis alles draußen ist. Ebenfalls übergeben sich die meisten Hündinnen einmal (manchmal auch mehrmals), um wirklich das Allerletzte aus sich herauszuholen.
Zuletzt kommt es dann zu einem leichten Scheidenausfluss. Dieser entsteht durch das Auflösen des Schleimpfropfens, der bislang den Muttermund fest verschlossen gehalten hat. Das nun hohe Gewicht der Welpen überdehnt nämlich die Gebärmutter und leitet so die Geburt ein. Zusätzlich macht der Ausfluss auch den sich nun langsam öffnenden Geburtskanal gleitfähiger. Dies ist auch das sicherste Zeichen, dass sich die Hündin nun in die Öffnungsphase begibt.
Die Öffnungsphase:
Hat man schon mit der Vorbereitungsphase so seine Schwierigkeiten, genau zu erkennen, wann es denn losgeht, so ist es für den ungeübten Betrachter zunächst nicht eben leichter, den Beginn der Öffnungsphase festzustellen, da auch dieser eher schleichend eintritt. Auch in der Tiermedizin wird immer wieder festgehalten, dass der genaue Beginn meistens nicht erfasst werden kann, was auch dazu führt, dass die zeitlichen Angaben sehr stark auseinanderklaffen. Von 6-36 Stunden Dauer ist hier alles möglich; gerade erstgebärenden Hündinnen gesteht man eine etwas längere Öffnungsphase zu. Ansonsten sollte aber der erste Welpe binnen 24 Stunden nach Absinken der Körpertemperatur geboren sein. Per Definition beginnt die Öffnungsphase also mit dem Temperaturabfall und endet mit dem Einsetzen der Bauchpresse (Austreibungswehen) und dem Abgang von Fruchtwasser.
Als deutlichstes Kennzeichen, dass die Öffnungsphase begonnen hat, kann man aber auch das immer heftiger werdende Hecheln (bis zu 175 Atemzüge pro Minute), das Graben und die Kreisbewegungen auf dem Wurflager ansehen.
Extremeres Hecheln - Bei genauem Hinsehen ist auch ein Zittern zu erkennen.
Hecheln und Unruhe.
Hecheln und Scharren / Graben auf dem Wurflager.
Die Austreibungsphase:
Nach etwa 12 Stunden Eröffnungswehen, die den Gebärmutterhals sich immer weiter öffnen lassen, beginnt schließlich mit dem Abgang von Fruchtwasser und dem Einsetzen der jetzt gut sichtbaren Bauchpresse (wellenförmige Wehen, die von den Enden der Gebärmutterhörner in Richtung Vulva gehen) die Austreibungsphase und endet nach der Geburt des letzten Welpen. Alles in allem sollte eine Geburt nicht länger als 12-24 Stunden (abhängig der Wurfstärke) dauern.
Sobald die Hündin zu hecheln aufhört, sind die Presswehen sichtbar.
Halb liegend, halb sitzend sind weitere Presswehen zu erkennen.
Die heftigen Wehen, unter denen der ganze Hund erzittern kann und die nun in immer kürzer werdenden Abständen kommen, sorgen dafür, dass die Welpen wechselseitig in den Geburtskanal eintreten. Die Hündin, die vorher noch sehr unruhig war, wird jetzt meistens im Vergleich zu vorher deutlich ruhiger. Klassischerweise liegt die Hündin nun seitlich und stemmt sich evtl. mit den Hinterläufen an der Boxenwand ab, aber sie kann auch sitzen oder sogar stehen (wie beim Kotabsetzen), was aber eher selten ist und eher bei schweren Geburten vorkommt. Ich durfte sogar schon eine Hündin beobachten, die mit halb herausgepresstem Welpen herumgelaufen ist!
Nach etwa drei Presswehen sollte lehrbuchmäßig ein Welpe geboren sein, doch aus Erfahrung kann gesagt werden, dass es manchmal viele mehr sind – gerade wenn ein dicker Welpe zuerst kommt und den Geburtskanal erst weiten muss. Auch das kann dann durchaus als normal bezeichnet werden. Bei der Geburt des ersten Welpen wird übrigens Blutfarbstoff freigesetzt, weswegen es nachfolgend im Fruchtwasser zu einer ‚grünlichen‘ Färbung kommen kann. Dies wird von Laien fälschlicherweise als ein ungutes Zeichen gedeutet. Es ist jedoch nichts anderes als das, was bei uns Menschen die Hämatome blau oder grünlich erscheinen lässt. Sollte jedoch bereits bei Abgang des ersten Fruchtwassers eine grünliche Färbung zu sehen sein, so weiß man, dass bereits eine Nabelschnur abgegangen ist und es wahrscheinlich zu Komplikationen kommen wird.
Eine Fruchtblase (Hülle) platzt.
Zwischen der Geburt der einzelnen Welpen sollten nicht mehr als 2-4 Stunden vergehen, wobei ich eine Dauer von 4 Stunden schon als sehr kritisch erachte und mich lieber an der 2-Stunden-Marke orientiere. In dieser Zeit zwischen den Geburten (nach Ausscheiden der Nachgeburt, die bei uns meistens gleich mitkommt) gehen die Kontraktionen der Bauchdecke erst einmal zurück und die Hündin widmet sich der Brutpflege sowie der Aufnahme der Nachgeburten und der Fruchthüllen.
Die Welpen sind zunächst in zwei Fruchthüllen verpackt. Die Äußere (Allantois) reißt meistens bei Austritt oft gleich auf, die Innere (Amnion) wird dann von der Mutterhündin aufgebissen. Dabei kommen etwa 60% der Welpen in Vorderendlange, also mit dem Kopf zuerst. Kommt erst der Popo, ist das auch nicht weiter schlimm. Ebenfalls hier verläuft die Geburt komplikationslos. Problematisch wird es nur dann, sollte der Welpe mit den Beinen nach oben geboren werden, denn dies kann im Geburtskanal eine bremsende Wirkung haben und benötigt meistens veterinärmedizinischer Hilfe und Behandlung.
Der Welpe kommt in Vorderendstellung, also mit dem Kopf nach vorne, zur Welt. Die erfahrene Hündin wartet, bis er fast ganz draußen ist, um dann sofort damit zu beginnen, den Welpen auszupacken und zu belecken.
Der allererste Welpe dieser Hündin wird geboren. Es ist deutlich zu sehen, dass es nicht so 'schnell' geht, da der Welpe den Geburtskanal erst noch weiten muss. Obwohl es ihr erster Welpe ist, nimmt sie sofort instinktiv die Brutpflege auf. (Hinweis: Bitte auf gar keinen Fall an dem Welpen ziehen; nur wenn die Hündin gerade presst, darf das in Maßen getan werden, da sonst große Verletzungsgefahr besteht!)
Dieser Welpe wird in Hinterendstellung, also mit dem Gesäß zuerst, geboren. Ich helfe der Hündin hier, um beim Aufknabbern der Hülle keine Verletzung des Welpen zu riskieren.
Die Hündin braucht mehrere Presswehen, bevor der Welpe schließlich mit einer Wehe ausgetrieben wird. Sofort wird die Brutpflege aufgenommen: Sehr schön sieht man hierbei das Abnabeln durch die Backenzähne der Hündin, was die Plazenta so zusammenpresst, dass es zu einem Blutstopp kommt, und das Anregen des Kreislaufs durch Belecken.
Die Brutpflege, die die Hündin dann – je nachdem wie instinktsicher sie ist – aufnimmt, besteht aus dem heftigen Belecken der Welpen, um deren Kreislauf anzukurbeln, dem Abnabeln und dem Säugen der Welpen. Manche Hündinnen, gerade Erstgebärende, benötigen eine Weile, um sich ihrer Pflichten bewusst zu werden, in ihre Mutterrolle ‚hineinzuwachsen‘ und ergreifen so erst etwas verzögert die Initiative, sodass zunächst einmal der Züchter ans Werk und diese anfallenden Aufgaben erledigen muss. Aber auch dies ist völlig normal und einfach abhängig vom Wesen und Instinkt der jeweiligen Hündin. Auch wir hatten schon einmal eine Mama, die die ersten beiden Welpen quasi stolz hinlegte und sich nicht traute, etwas zu tun. Nach der Geburt des dritten Welpen lief es immer besser und den Letzten nabelte sie sogar selbst ab. Sie wurde eine ganz tolle Mutter!
Die Brutpflege wird aufgenommen.
Nach übrigens etwa der Hälfte des Wurfes gönnt sich die Hündin gerne einmal eine etwas längere Pause, bei sehr großen Würfen auch gerne zwei. Auch das ist völlig normal und es ist nicht nötig, die Hündin zu weiteren Wehen zu animieren, indem man ihr Medikamente verabreicht.
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Nach fünf von sieben Welpen gönnt sich die Mama hier eine etwas längere Pause.
Hier ist es nicht ganz deutlich zu sehen, aber nach vier von sechs Welpen ist auch hier eine deutlichere Verzögerung zu beobachten.
Die Nachgeburtsphase:
Diese letzte Phase wechselt sich eigentlich immer wieder mit der Austreibungsphase ab. Ist ein Welpe geboren, wird die Nachgeburt normalerweise innerhalb von 15 Minuten ausgeschieden und durch die Hündin aufgenommen. Viele Züchter (und auch Tierärzte) nehmen den Hündinnen erschreckenderweise die Nachgeburten immer weg, da es durch den Verzehr in den nächsten Tagen nach der Geburt zu sehr starken Durchfällen kommen kann. Ich persönlich entferne die Nachgeburt aber nur, wenn sie ohnehin nicht von der Hündin beachtet wird, denn immerhin enthält sie 42 wichtige Hormone, darunter Endorphin und Oxytocin (umgangssprachlich: Glückshormon), was wehen- und laktationsfördernd wirkt und somit für den weiteren Geburtsverlauf wichtig ist, Vitamine und wertvolle Nährstoffe für die weitere Versorgung der Hündin. Das Fressen der Nachgeburt ist schließlich ein rein natürliches Verhalten und in freier Wildbahn für die Mutterhündin (oder -Wölfin) überlebenswichtig, da sie nach der Geburt nicht direkt jagen könnte. So ist sie aber selbst erst einmal gut versorgt.
Die Geburt ist nun abgeschlossen und die Mutterhündin zur Ruhe gekommen.
Nach der Geburt:
Nach der Geburt des letzten Welpen kommt die Hündin sehr schnell zur Ruhe, um sich dann zunächst nur ihren Babys zu widmen. Manche Hündinnen zeigen an, dass sie ‚fertig‘ sind, indem sie wieder Nahrung aufnehmen oder verdeutlichen, dass sie doch noch einmal ein Geschäft verrichten müssen. Wiederum andere sind nicht aus der Wurfbox zu bekommen und essen etwa 24 Stunden erst einmal gar nichts.
In den nachfolgenden Tagen und Wochen wird sich das Verhalten der Hündin wieder normalisieren und sie wird sich der Aufzucht ihrer Jungen widmen. Verhaltensweisen wie Graben, Unruhe oder auch das Phänomen der Nachtwache, bei dem die Hündin nachts noch einmal vermehrt wach bleibt und regelrecht Ausschau nach Feinden hält, können bis zu zwei Wochen nach der Geburt anhalten.